Änderungen des Betriebsrentengesetzes

Das am 23.06.2020 in Kraft getretene 7. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG) enthält im Artikel 8a auch Änderungen des Betriebsrenten-gesetzes (BetrAVG).

Versicherungsförmige Lösung (so genannte Anspruchsbegrenzung) in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse

Der Arbeitgeber ist in der Regel daran interessiert, seine Verpflichtung aus der Versorgungszusage auf die Versicherungsleistung zu beschränken. Mit Urteil vom 19.5.2016 (3 AZR 794/14) hat das Bundesarbeitsgericht verlangt, dass die versicherungsvertragliche Lösung vom Arbeitgeber gegenüber jedem Arbeitnehmer und dem Versicherer jeweils in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklärt werden muss. Das Urteil führte in der Praxis zu einem erheblichen Mehraufwand bei allen Beteiligten, da die Abgabe der Erklärung zur Anspruchsbegrenzung schriftlich auch von der versicherten Person mittels Unterschrift dokumentiert werden musste. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber an einer Gesetzesänderung gearbeitet, um die versicherungsvertragliche Lösung als Standardlösung festzulegen und auf ein besonderes arbeitgeberseitiges Verlangen zu verzichten. Dies ist mit den neusten Änderungen im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) nunmehr umgesetzt worden. Die Versicherungsunternehmen werden ihre Unterlagen (Zusagen, Abmeldeformulare, Merkblätter etc.) in diesem Punkt schnellstmöglich an die neue Gesetzeslage anpassen. Aufgrund der technischen Vorgaben in den Verwaltungssystemen werden manche Formulare wohl noch bis in den Herbst 2020 die Erklärung zur Anspruchsbegrenzung beinhalten. Voraussetzung für die Nutzung der Anspruchsbegrenzung ist unverändert, dass soziale Auflagen erfüllt werden. Diese sozialen Auflagen – geregelt in § 2 Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrAVG – sind:

  • Bezugsrecht des Arbeitnehmers ist spätestens 3 Monate nach dem Ausscheiden unwiderruflich
  • Abtretung und Beleihung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber sind ausgeschlossen
  • Es bestehen keine Beitragsrückstände
  • Überschüsse werden zur Leistungserhöhung verwendet
  • Der ausgeschiedene Arbeitnehmer hat das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen.

Diese Anforderungen sind in der Regel bereits in den arbeitsrechtlichen Zusagen verankert.

Einführung einer Insolvenzsicherungspflicht für regulierte Pensionskassen

Bisher unterlagen Pensionskassenversorgungen keiner Insolvenzsicherung nach dem BetrAVG. Dies wird nun vor dem Hintergrund einer Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.12.2019; C168/18) teilweise geändert. In dieser Entscheidung ging es darum, dass eine regulierte Pensionskasse ihre Leistungen satzungsgemäß gekürzt hat. Für diese Leistungskürzung steht der Arbeitgeber aufgrund seiner Subsidiärhaftung ein. Der Arbeitnehmer bekommt also weiterhin die ihm ursprünglich zugesagte Leistung. Im vom EuGH entschiedenen Fall wurde allerdings der Arbeitgeber insolvent. Die Lücke, die aufgrund der Leistungskürzung der Pensionskasse in der Versorgung des Arbeitnehmers entstanden ist, konnte der Arbeitgeber damit nicht mehr auffüllen. Da das BetrAVG einen gesetzlichen Insolvenzschutz bei Pensionskassenversorgungen nicht kennt, ging die Insolvenz des Arbeitgebers zu Lasten des Arbeitnehmers. Dies widerspricht nach Ansicht des EuGH europäischem Recht. Die nun erfolgte Änderung des BetrAVG setzt diese Entscheidung in deutsches Recht um. Mit Inkrafttreten des Gesetzes gilt folgendes:

Wird ein Arbeitgeber insolvent und kann die Pensionskasse die zugesagte Leistung gegenüber dem Arbeitnehmer nicht (in voller Höhe) erbringen, tritt der Pensionssicherungsverein (PSV) ein und erbringt die Leistung an den Versorgungsberechtigten. Diese neue PSV-Pflicht gilt allerdings nur für Pensionskassen, die nicht dem gesetzlichen Sicherungsfonds (Protektor) unterliegen. Dies sind in der Regel regulierte Pensionskassen.

Pensionskassen, die über einen ausreichenden Sicherungsmechanismus gegen Leistungskürzungen verfügen, fallen nicht unter die neue PSV-Pflicht. Nach Ansicht des Gesetzgebers sind dies deregulierte Pensionskassen sowie Pensionskassen, die auf einer tarifvertraglichen Grundlage als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien betrieben werden (zum Beispiel die SOKA-Bau) bzw. die Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes.

Eine Liste der Pensionskassen, die dem gesetzlichen Sicherungsfonds unterliegen, kann unter dem Link https://www.protektor-ag.de/de/sicherungsfonds/mitglieder eingesehen werden. Beispiele: Allianz Pensionskasse AG, Alte Leipziger Pensionskasse AG, ERGO Pensionskasse AG, Debeka Pensionskasse AG, Gothaer Pensionskasse AG, HDI Pensionskasse AG, R+V Pensionskasse AG, Sparkassen Pensionskasse AG, Swiss Life Pensionskasse AG.

Die neue PSV-Pflicht besteht auch für bereits laufende Betriebsrenten und bestehende Anwartschaften. Dies allerdings nur dann, wenn die Insolvenz des Arbeitgebers nach Inkrafttreten des Gesetzes eintritt.

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