Alle in einem Boot: Erfolgreiche Risikodialoge zum PFAS-Ausschluss in Haftpflichtverträgen

„PFAS sind das neue Asbest“, titelten im vergangenen Jahr viele Medien im Zusammenhang mit dem von der EU geplanten Verbot von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Aufgeschreckt forderten auch einige Versicherer umgehend, Haftpflichtansprüche wegen PFAS-bedingter Schäden vollständig auszuschließen. Doch es geht auch anders! Gemeinsam mit den Versicherern und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) haben wir in konstruktiven Gesprächen eine differenzierte Sichtweise gefunden.

Das Drama um die PFAS – ein Rückblick
Im Maschinen- und Anlagenbau sind viele PFAS-Stoffe derzeit noch unersetzlich, ein Verbot würde ganze Produktionsprozesse gefährden. Das von der EU geplante PFAS-Verbot hat den VDMA-Mitgliedern daher im vergangenen Jahr viele schlaflose Nächte bereitet. Derzeit befindet sich der Vorschlag noch in der Evaluierungsphase und wird frühestens 2025 in Kraft treten. Experten halten 2026/2027 für realistischer.

Dennoch forderten einige Versicherer bereits im September 2023 – für uns völlig überraschend – Haftpflichtansprüche wegen PFAS-bedingter Schäden aus den Versicherungsverträgen auszuschließen. Eine Forderung, der wir aufgrund der weitreichenden Konsequenzen für unsere Kunden nicht ohne weiteres nachkommen wollten. Stattdessen schlugen wir den Versicherern einen Risikodialog mit Experten des VDMA vor, um sich ein Bild über den konkreten Einsatz von PFAS-Stoffen in der Branche zu machen. Auch hier wurden wir überrascht – von einer durchweg positiven Resonanz.

Versicherungswirtschaft zeigt großes Interesse
Verschiedene Rück- und Erstversicherer sowie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigten großes Interesse an einem Austausch über PFAS-Risiken. Erste Treffen haben bereits stattgefunden, weitere sind geplant. In den Diskussionen wurde schnell deutlich, dass die Versicherungswirtschaft beim Thema PFAS die meisten Probleme im Zusammenhang mit Umweltschäden sieht. Gerade bei den am häufigsten verwendeten Fluorpolymeren wie PTFE und FKM bestehen solche Umweltrisiken vor allem bei der Herstellung und Entsorgung der PFAS – und damit bei den meisten Maschinen- und Anlagenbauer nicht. Dort geht es vorrangig um PFAS, die sich in Maschinen befinden und nicht in direktem Kontakt mit der Umwelt stehen.

Bei den Risikodialogen hatten die Versicherer viele konkrete Fragen zu den PFAS-Risiken im Maschinen- und Anlagenbau im Gepäck. Ein Informationsbedarf, den die VDMA-Expertin für PFAS, Dr. Sarah Brückner, und unsere Leiterin Haftpflicht, Claudia Sedlacek-Dechert, mit ihrer branchenspezifischen Expertise umfassend abdecken konnten. Sarah Brückner gab detaillierte Einblicke in die spezifische Verwendung von PFAS bei den VDMA-Mitgliedern, Claudia Sedlacek-Dechert brachte ihr Fachwissen zu den damit verbundenen Haftpflichtrisiken ein. Im Ergebnis führte der Austausch so zu einem besseren Verständnis der tatsächlichen PFAS-Risiken in unserer Branche.

PFAS-Ausschluss für VSMA-Kunden vorerst vom Tisch
Die Gespräche haben gezeigt, dass das Thema PFAS für die Versicherer im Bereich der Produkthaftpflichtversicherung für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau derzeit keine Bedeutung hat. Damit ist der PFAS-Ausschluss für unsere Kunden – zumindest hierzulande und vorerst – vom Tisch. International sind wir noch mit einigen PFAS-Ausschlüssen in lokalen Policen konfrontiert. Für diese konnten wir jedoch Deckungen über deutsche Masterpolicen einkaufen. Die Risikodialoge waren also genau der richtige Ansatz, um für alle Beteiligten zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.

Für das neue Jahr wünsche ich mir daher weniger Ausschlüsse „mit der Gießkanne“ und mehr konstruktive gemeinsame Gespräche, die zu differenzierten Lösungsansätzen führen. Die Fortsetzung eines offenen Dialogs über aktuelle Themen fördert nicht nur das gegenseitige Verständnis, sondern ist auch ein wichtiger Schritt, um das derzeit angeknackste Vertrauen zwischen Versicherungsnehmern und Industrieversicherern wieder aufzubauen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen ein friedliches, erfolgreiches und vor allem dialogorientiertes Jahr 2024!

 

 

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Kolumnist:

Birger Jeurink

Geschäftsführer VSMA GmbH