Wer einen Schaden geltend macht, muss zunächst sein Eigentum an der beschädigten Sache nachweisen können. Das wurde kürzlich der Geschädigten eines Verkehrsunfalls zum Verhängnis. Weil sie nach 18 Jahren nicht mehr belegen konnte, dass sie den Kaufpreis für das beschädigte Auto bezahlt hatte, blieb sie auf dem Schaden sitzen.

Im Sat.1-Frühstücksfernsehen wurde am 18.6.2024 ein Bericht über ein Gerichtsverfahren ausgestrahlt, in dem die Geschädigte eines Verkehrsunfalls juristische Probleme bei der Durchsetzung ihres Schadenersatzanspruchs gegenüber der gegnerischen Kfz-Versicherung hatte. Bevor auf den konkreten Schadenfall eingegangen wird, einige juristische Ausführungen zum Nachweis des Eigentums. Grundsätzlich gilt: Wer Schadenersatzansprüche geltend macht, muss seine Eigentümerstellung (Aktivlegitimation) beweisen, wenn die Gegenseite diese bestreitet.

Eigentumsvermutung
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Eintragungen in der Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: Fahrzeugschein) oder Teil II (früher: Fahrzeugbrief) etwas über die Eigentumsverhältnisse aussagen. Beide Dokumente begründen keine Eigentumsvermutung.

Helfen kann aber die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB. Wer zum Unfallzeitpunkt Fahrer des Fahrzeugs ist, hat unmittelbare Sachherrschaft, also den Besitz. Ist der Anspruchsteller selbst Fahrer des Unfallfahrzeugs gewesen, kommt ihm daher die widerlegbare Eigentumsvermutung des §1006 BGB zugute. Davon zu unterscheiden ist die Haltereigenschaft, die für die Aktivlegitimation keine Rolle spielt. Wer nur Halter ist, ist nicht anspruchsberechtigt.

Greift § 1006 BGB, kann die gegnerische Partei die Vermutung durch den Beweis des Gegenteils widerlegen. Sie kann beispielsweise vortragen, dass das Fahrzeug im Sinne des § 935 BGB abhandengekommen ist oder dass der Besitzer kein Eigentum erworben hat (bei Erlangung des Eigenbesitzes). Eine Behauptung ins Blaue hinein genügt jedoch nicht.

Beweis des Eigentums
Der Erwerb eines Kraftfahrzeugs richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. Der Grundtatbestand des § 929 S. 1 BGB setzt eine Einigung über den Eigentumsübergang zwischen Veräußerer und Erwerber, die Übergabe des Fahrzeugs und die Berechtigung des Verfügenden voraus. Das Verpflichtungsgeschäft begründet die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und die Verpflichtung des Verkäufers zur Übergabe und Übereignung der Kaufsache. Erst das Verfügungsgeschäft verschafft das Eigentum am Fahrzeug.

Problematischer Eigentumsnachweis im Beispielsfall
Die Geschädigte fuhr das streitgegenständliche Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt selbst. Sie war also Besitzerin und grundsätzlich würde die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB für sie sprechen. Nach den Ausführungen der BZ (Berliner Zeitung), die ebenfalls über den Fall berichtete, konnte die Geschädigte auch den Kaufvertrag (Verpflichtungsgeschäft) vorlegen. Die Versicherung zweifelte jedoch die Kaufpreiszahlung (Verfügungsgeschäft) an. Ein juristisch korrektes aber fragwürdiges Vorgehen – der Erwerb des Fahrzeugs lag 18 Jahre (!) zurück. Da die Geschädigte ihre Kontoauszüge nicht so lange aufbewahrt hatte, konnte sie die Kaufpreiszahlung nicht nachweisen. Auch die kontoführende Bank hatte die Daten aus Datenschutzgründen nach zehn Jahren gelöscht.

Die Geschädigte blieb auf ihrem Schaden in Höhe von EUR 11.000 sitzen. Die beteiligte Kfz-Versicherung hatte im Vorfeld der Berichterstattung untersagt, sie namentlich zu nennen.

Fazit
Rein juristisch ist die Entscheidung höchstwahrscheinlich korrekt. Leider! Denn der Beweis des Eigentums spielt nicht nur bei Verkehrsunfällen eine Rolle. Auch in vielen anderen Versicherungsfällen ist er regelmäßig eine Herausforderung. So müssen Geschädigte zum Beispiel auch bei gestohlenem Schmuck oder verbranntem Eigentum nachweisen, dass sie Eigentümer der Sache waren. Sollte die im Fallbeispiel dargestellte Vorgehensweise des Versicherers Schule machen, kann allen Versicherungsnehmern nur empfohlen werden, Belege weit über die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen hinaus aufzubewahren. Ansonsten wird es im Schadensfall schwierig, den erforderlichen Nachweis noch zu erbringen.

 

Bildnachweis: Stokkete / Shutterstock

Autor:
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler 
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler steht der VSMA GmbH seit Mitte des Jahres 2020 als juristischer Berater bei haftungs- und versicherungsrechtlichen Themen zur Seite. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Versicherungswirtschaft. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Bearbeitung von Sach-/BU- und Produkthaftungsschäden vor allem Fälle im Bereich der D&O- und VSV-Versicherung sowie der dazugehörigen Managerhaftung.

www.ra-steinkuehler.de

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