Ganz gleich, ob Brand oder Wasserschaden: Wie die Flutkatastrophe im Ahrtal gezeigt hat, wird häufig nicht nur die versicherte Sache selbst beschädigt, es treten zudem zahlreiche Folgeschäden auf. Zu den üblichen Vermögensfolgeschäden gehören die Aufräum- und Abbruchkosten. Hierbei ist zum einen fraglich, was genau dazu gehört. Zum anderen stellt sich die Frage, ob ein Anspruch auf Ersatz dieser Kosten auf Basis einer fiktiven Abrechnung besteht, wenn die Arbeiten vom Versicherungsnehmer in Eigenleistung erbracht werden.

Speziell bei Bränden kommt es oftmals zu erheblichen Vermögensfolgeschäden. Das heißt, es entstehen üblicherweise Kosten, die nicht unmittelbar der Wiederherstellung versicherter Sachen dienen. In den gängigen Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB) werden deswegen zum Beispiel Aufräum- und Abbruchkosten, Bewegungs- und Schutzkosten, Kosten für die Wiederherstellung von Geschäftsunterlagen, Feuerlöschkosten sowie Mehrkosten durch Preissteigerungen oder behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen mitversichert.

Was sind Aufräumkosten?
Aufräum- und Abbruchkosten sind Aufwendungen für das Aufräumen der Schadenstätte. Dazu gehören auch die Kosten für den Abbruch stehen gebliebener Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächsten Ablagerungsplatz sowie die Kosten für die Ablagerung oder Vernichtung. Durch die Verwendung des Begriffs „Schadenstätte“ zählen dazu auch Bereiche, die nicht zum Versicherungsort gehören. Für die genauen Aufräumkosten gibt es allerdings in den verschiedenen Bedingungswerken keine einheitliche Definition.

Brandschutt von versicherten Sachen ist oftmals untrennbar mit dem Schutt aus dem nicht versicherten Inhalt des Gebäudes (zum Beispiel Betriebseinrichtung oder Waren) vermischt. Bei der Beseitigung kann es daher zu Abgrenzungsproblemen und Diskussionen zwischen Gebäude- und Inhaltsversicherer kommen. Entweder platziert man von vornherein die Risiken bei demselben Versicherer oder einigt sich schnell am Anfang einer Schadenregulierung auf die vom jeweiligen Versicherer zu übernehmenden Kostenanteile. Ansonsten empfiehlt sich eine Lösung analog zur Regelung einer Mitversicherung (nach Bruck/Möller/Johannsen, VHB 2010, A § 8 Rn. 3: bei Zweifel quotal zu 50 Prozent).

Unter den Begriff des Aufräumens fallen nach allgemeinem Verständnis sowohl die ober- als auch die unterirdischen Bewegungsvorgänge wie zum Beispiel der Aushub des verbundenen Erdreichs. Die Fläche ist für ihre bisherige Bestimmung richtigerweise wieder brauchbar zu machen. Das bedeutet, dass die Schadensstelle von jedweder Art von Resten zu befreien ist. Dazu gehören auch Chemikalien, die infolge des Brandes in den Boden gelangt sind. Zu beachten ist, dass Grund und Boden an sich nicht zu den versicherten Sachen gehören und somit ein Schaden an diesen ohne entsprechende Deckungserweiterung unversichert wäre.

Entsorgung von kontaminiertem Boden
Teilweise wird ein Anspruch auf Kostenerstattung einer Dekontamination durch umweltgefährdende Substanzen verneint. Die Substanzen seien so in den Boden eingedrungen, dass sie zu dessen Bestandteil geworden seien. Daher würden die Substanzen als Sache nicht mehr existieren – Wasser und Boden seien keine versicherten Sachen. Nach überwiegender Meinung ist jedoch die Abfuhr und Entsorgung des kontaminierten Erdreichs vom Deckungsumfang der Aufräum- und Abbruchkosten (§ 5 Ziff. 3 (A) AFB) erfasst. Begründet wird diese Ansicht damit, dass nach der Formulierung dieser Bestimmung vom Versicherer die vollständige Räumung der Brandstelle zu ersetzen sei. Zur vollständigen Räumung gehöre eben auch die Entsorgung vergifteten Erdbodens. Hier empfehlen sich jedenfalls Klarstellungen in den jeweiligen Versicherungsbedingungen beziehungsweise bereits bei Vertragsschluss.

Soweit schädliche Chemikalien von Gebäudeteilen mit dem Löschwasser ins Erdreich dringen, stellt die Entfernung des Bodens grundsätzlich ein versichertes Aufräumen dar. Sollte Löschwasser mit Chemikalien einer nicht versicherten, brennenden Sache ins Erdreich dringen, sind die Kosten für die Abtragung des kontaminierten Erdreichs als Rettungskosten zu ersetzen.

Fiktive oder tatsächliche Aufräum- und Abbruchkosten?
Um einen Ersatzanspruch für Aufräum- und Abbruchkosten zu haben, muss das versicherte Unternehmen die Arbeiten in der Regel durchführen. Oftmals kann der Versicherungsnehmer die Aufräum- und Abbruchtätigkeiten auch durch Eigenleitungen vornehmen. Diese sind dann nach den Grundsätzen der betrieblichen Gemeinkostenabrechnung zu entschädigen. Dabei sind anteilige Gemeinkosten zu berücksichtigen. In vielen Fällen möchte das versicherte Unternehmen die Eigenleistungen auch fiktiv anhand einer abstrakten Schadenberechnung erstattet bekommen. Der BGH hatte im Jahr 2013 diesbezüglich eine grundlegende Entscheidung (VersR 2013, 1039 (1041)) getroffen und die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung bejaht. Die Versicherungswirtschaft hat reagiert und in ihren AVB den Erstattungsanspruch davon abhängig gemacht, dass nur die „tatsächlich entstandenen Aufwendungen“ erstattet werden. Teilweise wird diese Regelung mit AGB-rechtlichen Erwägungen (§ 307 BGB) als nicht vereinbar angesehen. Das OLG Dresden hat in seiner Entscheidung vom 4.2.2020 (Az. 4 U 1942/18) jedoch keine derartigen Bedenken gehabt. Das Gericht stellte angesichts des klaren Wortlauts der Versicherungsbedingungen auf das tatsächliche Entstehen derartiger Kosten ab und lehnte eine fiktive Abrechnung der Aufräum- und Abbruchkosten ab. Für eine Auslegung der Versicherungsbedingungen sei angesichts des klaren Wortlautes der AVB kein Raum. Ferner käme im Hinblick auf derartige Versicherungsbedingungen auch AGB-rechtliche Bedenken nicht in Betracht.

Fazit
Ob der BGH oder andere Obergerichte sich der Meinung des OLG Dresden anschließen, wird sich zeigen. Nach derzeitigem Stand sind jedenfalls bedingungsgemäß nur die tatsächlich angefallenen Aufwendungen als Aufräum- und Abbruchkosten anzusetzen und erstattungsfähig. Unternehmen wird daher empfohlen, vor einer Erbringung von Aufräum- und Abbruchtätigkeiten in Eigenleistung zunächst Rücksprache mit ihrem Versicherer oder Versicherungsmakler zu nehmen. So lässt sich eventuell im Vorfeld eine Einigung über die Kostenerstattung erzielen.

 

Beitragsbild: Petair / Shutterstock

Autor:
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler 
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler steht der VSMA GmbH seit Mitte des Jahres 2020 als juristischer Berater bei haftungs- und versicherungsrechtlichen Themen zur Seite. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Versicherungswirtschaft. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Bearbeitung von Sach-/BU- und Produkthaftungsschäden vor allem Fälle im Bereich der D&O- und VSV-Versicherung sowie der dazugehörigen Managerhaftung.

www.ra-steinkuehler.de

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