Im ersten Teil des Beitrags wurde beleuchtet, inwiefern D&O-Versicherungen nicht nur Schutz bieten, sondern auch Haftungsprozesse fördern können und welche Risiken für Manager trotz Versicherungsschutz bestehen bleiben. Im zweiten Teil stehen die Maßnahmen im Vordergrund, die bei hohen Schadensummen und unzureichendem Versicherungsschutz naheliegen: präventive Asset Protection-Strategien und die Flucht in die Privatinsolvenz.

PRIVATINSOLVENZ ALS RETTUNGSANKER?
Wenn die D&O-Versicherung und andere Vermögensmassen den im Raum stehenden erheblichen Schaden nicht vollständig abdecken, bleibt oft nur der Weg in die Privatinsolvenz. Aufgrund der Insolvenzrechtsreform beträgt die Dauer der Privatinsolvenz beziehungsweise des anschließenden Restschuldbefreiungsverfahrens ab 2024 nur noch drei Jahre. Wird die Restschuldbefreiung jedoch versagt, leben alle Verbindlichkeiten wieder auf und die Gläubiger können diese wieder direkt und unmittelbar gegen den betroffenen Schuldner geltend machen. Die Restschuldbefreiung kann zum Beispiel versagt werden, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Insolvenzantrag unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen für Luxusausgaben verschwendet hat. Ist der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Insolvenzantrag (oder danach) wegen einer sogenannten Insolvenzstraftat zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden, kann ihm die Restschuldbefreiung auf entsprechenden Antrag eines Gläubigers ebenfalls versagt werden.

Erschwerend hinzu kommt, dass eine rechtskräftige Versagung der Restschuldbefreiung in vielen Fällen Sperrfristen von drei oder sogar fünf Jahren auslöst, bevor ein erneutes Insolvenz- beziehungsweise Restschuldbefreiungsverfahren beantragt werden kann. Es ist daher absehbar, dass der Schuldner nach Versagung der Restschuldbefreiung über Jahre hinweg (erneut) mit Zahlungsaufforderungen, Zwangsvollstreckungen und Pfändungen konfrontiert sein wird. Für den Schuldner, der sich mit dem Insolvenzverfahren einen wirtschaftlichen Neuanfang erhofft hatte, stellt die Versagung daher einen Super-GAU dar.

PRÄVENTIVE ASSET PROTECTION UND GRENZEN
Da ein Schadenfall häufig von Anfang an mit dem Risiko einer Privatinsolvenz einhergeht, können Manager versucht sein, ihr Vermögen frühzeitig durch sogenannte Asset Protection-Strategien zu schützen. Diese Praktiken zielen darauf ab, Vermögenswerte vor dem Zugriff potenzieller Gläubiger zu bewahren. Solche Maßnahmen sind jedoch oft rechtlich problematisch und können daher leicht scheitern. Eine professionelle Beratung ist daher dringend zu empfehlen.

Beispiele für Asset Protection-Strategien

  • Übertragung von Vermögenswerten: Häufig wird versucht, Immobilien, Wertpapiere oder andere Vermögenswerte auf Ehepartner oder Kinder zu übertragen.
  • Gründung von Stiftungen oder Trusts: Insbesondere in Offshore-Jurisdiktionen können Strukturen geschaffen werden, die das Vermögen vermeintlich dem Zugriff entziehen.
  • Investitionen in schwer pfändbare Vermögenswerte: Teilweise werden auch Kunstwerke oder wertvolle Oldtimer erworben, in der Hoffnung, dass diese schwerer zu verwerten sind.
  • Vermögensverschiebung: Durch Transfers auf ausländische Konten oder Investitionen in ausländische Immobilien wird versucht, den Zugriff zu erschweren.

Befugnisse des Insolvenzverwalters
Oft führen die oben genannten Strategien jedoch nicht zum gewünschten Ergebnis. Denn Insolvenzverwalter haben weitreichende Befugnisse, um auf verlagerte Vermögenswerte zuzugreifen:

  • Schenkungsanfechtung: § 134 InsO begründet die sogenannte Schenkungsanfechtung beziehungsweise die Rückforderungsmöglichkeit bei Erhalt einer unentgeltlichen oder teilweise unentgeltlichen Leistung bis zu 4 Jahre rückwirkend ab Insolvenzantragstellung. Die Auslösung dieses Anfechtungstatbestands beschränkt sich dabei nicht nur auf die Schenkung. Eine Anfechtung nach § 134 InsO droht in allen Fällen, in denen Leistung und Gegenleistung zum Nachteil des Schuldners wertmäßig abweichen.
  • Vorsatzanfechtung: Besonders relevant ist § 133 InsO, der die Anfechtung von Rechtshandlungen ermöglicht, die mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen wurden. Die Frist hierfür beträgt sogar zehn Jahre. Erhält ein Gläubiger aber eine kongruente Leistung, also genau das, was vertraglich geschuldet war, ist diese nur anfechtbar, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war und der Anfechtungsgegner diese Zahlungsunfähigkeit kannte. Die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung reicht in diesem Fall „nur“ 4 Jahre zurück (§ 133 Abs. 2 InsO).
    Zu beachten ist aber, dass vorsätzliche Vermögensverschiebungen auch den Tatbestand des Bankrotts (§ 283 StGB) erfüllen können.
  • Durchgriffshaftung: Bei Stiftungen oder Trusts kann unter Umständen eine Durchgriffshaftung geltend gemacht werden, wenn diese nur zum Schein errichtet wurden.
  • Internationale Zusammenarbeit: Durch verbesserte internationale Rechtshilfe und Abkommen wird es zunehmend schwieriger, Vermögen im Ausland zu verstecken.

Die genannten Möglichkeiten des Insolvenzverwalters machen deutlich, dass Asset Protection-Strategien oft nur eine Scheinsicherheit bieten.

FAZIT
Wie in Teil I dieses Beitrags (https://www.vsma.de/managerhaftung-und-do-versicherung-teil-i-schafft-deckung-haftung/) deutlich wurde, bietet die D&O-Versicherung nicht nur Schutz, sondern kann auch Haftungsprozesse begünstigen. Während sie einerseits eine notwendige Absicherung für Führungskräfte darstellt, kann sie andererseits zu einer erhöhten „Klagebereitschaft“ führen. Zudem bleibt das Risiko des persönlichen finanziellen Ruins trotzdem bestehen.

Für Manager ist es daher essenziell, die D&O-Versicherung als Teil eines komplexen Risikoumfelds zu betrachten. Sie sollte als zusätzliches Element verstanden werden, das die persönliche Haftung begrenzt, aber nicht unbedingt vollständig ersetzt. Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass trotz des Versicherungsschutzes erhebliche persönliche Risiken verbleiben, die im schlimmsten Fall dennoch zur Privatinsolvenz führen können.

Der Versuch, in solchen Situationen auf Asset Protection-Strategien zurückzugreifen, kann die Lage noch verschärfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine professionelle Beratung in Anspruch genommen wird. Die weitreichenden Befugnisse des Insolvenzverwalters erschweren die Umsetzung etwaiger Asset Protection-Strategien. Umgekehrt können aber frühzeitig eingeleitete Maßnahmen durchaus ihre Wirkung entfalten.

 

Bildnachweis: Halfpoint / Shutterstock

Autor:
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler 
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler steht der VSMA GmbH seit Mitte des Jahres 2020 als juristischer Berater bei haftungs- und versicherungsrechtlichen Themen zur Seite. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Versicherungswirtschaft. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Bearbeitung von Sach-/BU- und Produkthaftungsschäden vor allem Fälle im Bereich der D&O- und VSV-Versicherung sowie der dazugehörigen Managerhaftung.

www.ra-steinkuehler.de

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