PFAS, Naturgefahren, Energiewende, Cyberattacken: In meinem Jahr als Kolumnist standen Herausforderungen im Mittelpunkt, die unsere Kunden besonders beschäftigen. Die damit verbundenen neuen Risiken haben bei aller Unterschiedlichkeit eines gemeinsam: Sie können nur dann richtig eingeschätzt und bewältigt werden, wenn Industrieversicherer und Unternehmen konstruktiv zusammenarbeiten. Erste positive Impulse wie die erfolgreichen Risikodialoge zum PFAS-Ausschluss und das Projekt RD-X, eine Plattform für den digitalen Austausch von Risikodaten, geben Anlass zur Hoffnung – aber es bleibt noch viel zu tun.
Vor wenigen Tagen erklärte BMW-Finanzchef Walter Merl auf dem Symposium des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) unter anderem, dass Ausschlüsse in der Industrieversicherung nicht zielführend seien. Stattdessen schlug er ein gemeinsames und lösungsorientiertes Vorgehen vor – ein Appell, den ich voll unterstütze.
Die Risikolandschaft ist komplexer und dynamischer denn je. Eine nachhaltige Absicherung erfordert daher eine enge Kooperation von Versicherungsnehmern und -gebern. Es ist an der Zeit, Differenzen beiseitezulegen und zusammen Lösungen zu entwickeln!
Dialog statt Ausschluss
Als ich meine erste Kolumne für den Versicherungsmonitor schrieb, war der PFAS-Ausschluss aus Haftpflichtverträgen ein großes Thema. Viele Mitgliedsunternehmen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) wären betroffen gewesen, obwohl PFAS in der Branche meist nur in Bauteilen eingesetzt wird, die nicht direkt mit der Umwelt in Kontakt kommen. Daraufhin luden wir die Versicherungswirtschaft zu einem offenen Dialog über die PFAS-Risiken im Maschinenbau ein – und erhielten überraschend positive Rückmeldungen. Viele Rück- und Erstversicherer signalisierten Gesprächsbereitschaft. Nach einigen Diskussionsrunden wurde dann der Ausschluss für unsere Kunden in Deutschland vorerst ausgesetzt. Auch der Austausch mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verlief konstruktiv. Hier wurde vereinbart, die Entwicklungen zu PFAS weiterhin regelmäßig zu besprechen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
Diese Erfahrung zeigt, dass Gespräche durchaus zu tragfähigen Lösungen führen können – ein Prinzip, das auch auf die bevorstehende Diskussion rund um „Artificial Intelligence“ (AI) angewendet werden sollte. In den USA beginnen einige Versicherer bereits, AI-Risiken schrittweise aus Standardpolicen auszuschließen („Silent AI“). Das halte ich für verfrüht und kurzsichtig. Neue Technologien wie AI erfordern ein tiefes Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse, das die Versicherungswirtschaft allein kaum abdecken kann. Unternehmen, die AI-Anwendungen nutzen, könnten wertvolles Know-how beisteuern und so die Risikoeinschätzung unterstützen. Ein dialogorientierter Ansatz wäre daher für alle Beteiligten von Vorteil. Vorschnelle Ausschlüsse könnten so grundsätzlich minimiert werden.
Kooperation ist der Schlüssel
Ein weiteres vielversprechendes Signal für mehr Zusammenarbeit ist das vom GVNW initiierte Projekt RD-X (Risk Data Exchange), eine Plattform für den digitalen Austausch von Risikodaten. Die Industrie fordert seit Langem eine Lösung für den einfachen Datenaustausch mit Versicherern und Maklern. Bisherige Initiativen scheiterten oft an Fragen der Neutralität und Datenhoheit. RD-X wird nun als Non-Profit-Plattform entwickelt, die von einem noch zu gründenden neutralen Verein betrieben wird. Die Unternehmen behalten die volle Kontrolle über ihre Daten und können den Zugang gezielt freigeben. Einige führende Versicherer und Makler haben bereits ihre Unterstützung zugesagt.
RD-X ist aber nicht nur ein längst überfälliger Schritt in Richtung Digitalisierung, sondern hat auch das Potenzial, die Risikobewertung zu verbessern. Durch die standardisierte Erfassung von Risikodaten könnten im Rahmen einer breiten Datenallianz langfristig wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden – eine neue Grundlage für eine faire Risikoeinschätzung.
Offene Gespräche über neue Risiken und Initiativen wie RD-X sind bedeutende Fortschritte im Verhältnis zwischen Industrieversicherern und Unternehmen. Nur durch den Austausch von Fachwissen, Erfahrung und Daten können wir langfristig robuste Versicherungslösungen entwickeln, die den dynamischen Anforderungen der Wirtschaft gerecht werden. Um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern, müssen wir den Dialog fortsetzen, die Zusammenarbeit intensivieren und uns viel stärker als bisher auf unser gemeinsames Ziel konzentrieren: eine sichere und erfolgreiche Zukunft für alle Beteiligten.
Nachtrag: Dank an alle Beteiligten
Mein Jahr als Kolumnist endet mit einem Dankeschön: Ohne die tatkräftige Unterstützung meines engagierten Teams wäre diese Aufgabe nicht zu bewältigen gewesen. An dieser Stelle möchte ich mich daher herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der VSMA bedanken, die mit Themenvorschlägen, Fallbeispielen und wertvollen Fachinformationen den Grundstein für alle meine Kolumnen gelegt haben. Vielen Dank für euren großartigen Input!