Wie komplex das Zusammenspiel zwischen Versicherungsschutz und operativer Realität im Maschinen- und Anlagenbau ist, wurde bereits in früheren Beiträgen thematisiert. Besonders deutlich wird dies bei den sogenannten Umsatzverträgen in der Montageversicherung. Diese Rahmenvereinbarungen decken alle Projekte eines Versicherungsjahres ab und versprechen Effizienz und Planungssicherheit. Doch die Praxis zeigt: Standardisierte Bedingungen werden den Anforderungen international agierender Lieferanten häufig nicht gerecht – und führen im Schadenfall zu gravierenden Problemen.

Dieser Artikel widmet sich der Frage, warum der klassische Umsatzvertrag für Montageprojekte häufig scheitert und was getan werden muss, damit er seinen Zweck erfüllt. Die Perspektive ist klar: Es geht hier nicht um die Sicht des Bestellers oder Abnehmers, sondern um die Lieferantenseite, sprich den Maschinen- und Anlagenbauer, der montiert, in Betrieb nimmt, testet und vor allem das Risiko trägt. In der Schadenpraxis lassen sich zahlreiche „Stopp-Fehler“ identifizieren – Regelungen, die im Ernstfall nicht tragfähig sind und in einer modernen Vertragsgestaltung schlicht keinen Platz mehr haben dürfen.

Einordnung: Was leistet eine Montageversicherung?
Die Montageversicherung deckt unvorhergesehene Sachschäden während der Errichtung, des Umbaus, der Wartung oder der Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen. Der Schutz beginnt mit dem Abladen auf der Baustelle und endet mit der Abnahme oder Inbetriebnahme. In der Praxis wird oft zwischen Einzelverträgen für konkrete Projekte und Umsatzverträgen unterschieden. Letztere sind vor allem im Maschinen- und Anlagenbau verbreitet, da sie eine pauschale Absicherung aller Projekte eines Jahres versprechen.

Doch genau hier beginnt das Problem: Umsatzverträge setzen einen hohen Abstraktionsgrad voraus und müssen so gestaltet sein, dass sie die unterschiedlichsten Projektarten – von der Werksmontage bis zur Inbetriebnahme – rechtssicher und praktikabel abdecken.

Werksmontage und Erprobung: Falsche Kundenerwartungen
Unter dem Begriff Montageversicherung verstehen Kunden in der Regel, dass sich der Versicherungsschutz sowohl auf Montagen vor Ort als auch auf entsprechende Tätigkeiten im eigenen Werk erstreckt. Werksmontagen und Erprobungen sind jedoch nicht standardmäßig Bestandteil der Bedingungswerke.

Klauseln, die dieses Problem lösen, gibt es schon lange – historisch wurde hier ein Ausschluss der Feuergefahren etabliert – in der Annahme, dass der Kunde diese separat eingekauft hat. Dies greift zu kurz. Sinnvoller ist eine Abgrenzung zur Sach- und EC-Versicherung mit einer klaren Subsidiaritätsregelung. Diese schützt sowohl vor Unterversicherung als auch vor der Abgrenzung bei Doppeldeckung und damit auch vor der Frage, wie oft Selbstbehalte und Entschädigungsgrenzen greifen.

Nachhaftung: Visit und Extended Maintenance aus Lieferantensicht
Fast schon Standard in Montageverträgen ist eine geringe Nachhaftung für Restarbeiten von drei Monaten. Diese zeitliche Begrenzung steht einerseits im Widerspruch zu länger vereinbarten Maintenance-Klauseln und entspricht andererseits nicht der Erwartung des Versicherungsnehmers, für seine Tätigkeit während der gesamten Vertragslaufzeit Versicherungsschutz zu haben. Als Beispiel sei ein Unternehmen aus dem Kraftwerksbau genannt. Diese können Restarbeiten in der Regel erst bei der nächsten turnusgemäßen Stilllegung und damit erst nach vielen Monaten durchführen.

Auch die sogenannte Visit Maintenance (Schäden bei Gewährleistungseinsätzen) und die Extended Maintenance (Schäden, die während der Montage verursacht wurden und später eintreten) sollten aus Sicht des Lieferanten erweitert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn Personal eingewiesen oder Kulanzleistungen erbracht werden. Diese Konstellationen sind im Standard nicht ausreichend klar abgesichert.

Erstausführungen: Ein Klassiker unter den Auslegungslücken
Was genau ist eine Erstausführung? In der Montageversicherung bezeichnet dieser Begriff technisches Neuland, das vom Versicherer nicht gedeckt werden soll. Im Maschinen- und Anlagenbau ist jedoch jede Anlage ein Unikat. Eine zu enge Auslegung würde daher de facto jedes Projekt ausschließen. Es wird daher empfohlen, entweder eine Definition über technische Parameter vorzunehmen oder den Ausschluss ganz zu streichen – zumindest aber auf technische Schäden mit eindeutigem Kausalzusammenhang zu beschränken.

Im Übrigen sieht der Verfasser die marktüblichen Vereinbarungen auch für die Versicherer als kritisch an, da sich hieraus ein Rechtsstreit auf der Grundlage der AGB-Rechtsprechung entwickeln könnte.

Versicherte Lieferungen und Leistungen: Klarheit statt Formalitäten
Viele Umsatzverträge verfehlen ihr Ziel bereits bei der Definition des versicherten Umfangs. Wenn dort etwa nur „Neumontagen“ abgesichert sind, fallen Supervisionen oder reine Inbetriebnahmen durchs Raster. Eine praxisgerechte Formulierung versichert auch Projekte, bei denen keine eigene Montagetätigkeit erfolgt, aber die Gefahrtragung übernommen wird. Denn die Schadenpraxis zeigt: Es kommt immer wieder vor, dass auch bei reinen Liefergeschäften Anforderungen an das Vorliegen einer Montageversicherung gestellt werden.

Gebrauchte Sachen: Der Unterschied zwischen Umsatz und Versicherungswert
Bei Einzelprojekten ist es sinnvoll, bei der Prämienberechnung auf den Versicherungswert abzustellen und bei gebrauchten Sachen oder bei Unterpreisgeschäften eine Korrektur des Auftragswerts für die Versicherungssummenbildung vorzunehmen. Bei Umsatzverträgen hingegen ist ein solches Vorgehen nicht zielführend, da der prämienrelevante Umsatz mit dem Versicherungswert gleichgesetzt wird. Hier ist eine Trennung von Versicherungswert und Prämienberechnungsbasis zwingend erforderlich, da sonst eine Falschdeklaration und in der Folge eine Unterversicherung droht.

Beistellungen, fremde Sachen und Produktionsstoffe: Umfassende Absicherung
Was der Kunde beistellt – etwa Feuerfestmaterial im Ofenbau – kann im Umsatzvertrag nicht konkret erfasst werden. Gleiches gilt für Produktionsstoffe oder bestehende Anlagen bei Umbauten, Reparaturen und Wartungseinsätzen. Hier muss der Versicherungsschutz erweitert werden, da die klassischen Fremdsachenklauseln häufig zu niedrig angesetzt sind. Zudem greift die Fremdsachenklausel aufgrund ihrer Beschränkung auf Tätigkeiten oder vertraglich übernommene Haftungen zu kurz. Hier sind Erweiterungen zu empfehlen, die diese Sachen im Interesse aller am Auftrag Beteiligten umfassend absichern.

Mängel und Erprobung: Klare Regelungen erforderlich
Die Diskussion um „Schäden durch Mängel“ ist international bekannt (Stichwort LEG 3/ DE5). Auch in den deutschen Bedingungswerken ist die Situation unbefriedigend. Sinnvoller als komplizierte Klarstellungen ist die Streichung des Ausschlusses und die explizite Definition der nicht gedeckten Mehrkosten.

Darüber hinaus sollte die Regelung zur „zeitlichen Begrenzung für Schäden bei der Erprobung“ gestrichen werden. Sie ist nicht praxistauglich, da die genaue Abnahme oft unklar ist. In unserer Schadenpraxis gibt es Fälle, in denen Streitigkeiten erst Monate oder Jahre nach der Übernahme in den Produktionsbetrieb beigelegt werden und die Abnahme rückwirkend erklärt wird. Was aber, wenn in der Zwischenzeit der Schadensfall eintritt?

Hier sollten zeitliche „Clean-Cut-Klauseln“ generell vermieden werden.

Versicherte Kosten und Abzüge „neu für alt“: Projekterfolg im Fokus
Die Montageversicherung ist keine Haftpflichtpolice, bei der die Schadenabwehr oder die Prüfung der Schadenhöhe im Vordergrund steht. Ziel ist der Projekterfolg. Deshalb sollten auch Kostenpositionen abgesichert werden, die nicht unmittelbar vom Schadenereignis betroffen sind. Beispiel: Das Anheizen eines Ofens mit durchzuschleusendem Ausschussmaterial – diese „Anheizkosten“ müssen separat und als Erstrisiko versichert werden.

Zielführend ist auch der Verzicht auf Abzüge „neu für alt“. Der Endkunde erwartet bei Schäden an einer bestehenden Anlage – zum Beispiel bei Wartungsarbeiten – eine Reparatur durch den Maschinen- und Anlagenbauer. Soll dieser dann über eine Kostenbeteiligung des Endkunden für einen von ihm verursachten Schaden diskutieren? Dies wird gerade nicht zum Projekterfolg führen, sodass der Versicherungsnehmer regelmäßig auf der Differenz sitzen bleibt.

Schadenstelle: Freigabe, Dokumentation und Schadenminderungspflicht
Die Forderung, die Schadenstelle bis zur Freigabe unverändert zu lassen, ist in der Praxis oft kontraproduktiv. Schließlich steht der Kunde unter dem Druck, Ausfälle zu vermeiden. Viel sinnvoller ist daher eine Regelung, die eine gut dokumentierte Wiederherstellung erlaubt, ohne dass eine Ortsbesichtigung oder Freigabe abgewartet werden muss. Die Schadenminderungspflicht ist letztlich wichtiger als das Festhalten an Formalitäten.

Haftungsbeginn, Vorlagerung und Haftungsende: Drei neuralgische Punkte
Der Beginn der Haftung ist meist gut geregelt, häufig sogar mit Doppeldeckung zur Transportversicherung. Nachbesserungsbedarf besteht hingegen bei Vorlagerungen: Zeitliche Begrenzungen sind hier praxisfern und sollten aufgehoben werden. Das Haftungsende wiederum ist oft zu früh angesetzt (zum Beispiel bei Teilabnahmen). Hier sollten Leistungstests und Abnahmen differenziert behandelt werden und jeweils voll in den Versicherungsschutz einbezogen werden.

Prämienberechnung: Warum der Gesamtumsatz zielführender ist
Häufig werden die Versicherungsnehmer aufgefordert, den Montageumsatz zu melden. Dies ist in der Praxis kaum korrekt umsetzbar. Zu unklar ist die Definition, zu ungenau oft die Datenlage. Deshalb sollte der Gesamtumsatz als Basis dienen – klar, einfach, kontrollierbar. Falsche Umsatzmeldungen führen sonst im Schadenfall zu Diskussionen und genau das soll schließlich vermieden werden.

Internationales Geschäft: Warum deutsche AMOB-Bedingungen nicht genügen
Viele Lieferverträge basieren auf internationalen Standards. Der deutsche Versicherungsmarkt tut sich jedoch schwer, diese zu bedienen. Kritisch sind vor allem die folgenden drei Punkte:

  • Regressverzicht: Die deutschen Regelungen sind nicht ausreichend und müssen angepasst werden.
  • Schadenbedingte Kündigung: Diese Klausel wird international nicht akzeptiert und muss gestrichen werden.
  • Anerkennung internationaler Bedingungswerke: Die Bedingungen der Munich Re (Münchener Rück) bieten hier eine bessere Grundlage und sollten zumindest als akzeptiertes Alternativwerk aufgenommen werden.

Nur durch die Umsetzung dieser Punkte kann ein Versicherungsschutz bestätigt werden, der den Anforderungen internationaler Kunden gerecht wird.

Fazit
Bei Umsatzverträgen gibt es keine „Lösungen von der Stange“. Sie bedürfen vielmehr einer präzisen, durchdachten und praxisgerechten Ausgestaltung – mit Blick auf Haftung, technische Realitäten, internationale Erwartungen und rechtliche Belastbarkeit. Der Beitrag zeigt: Schon mit wenigen gezielten Anpassungen kann aus einem Standardvertrag ein wirksames Schutzinstrument werden – für Projekte, für Unternehmen und für eine verlässliche Absicherung.

Dieser Artikel wurde außerdem veröffentlicht in: „Die VersicherungsPraxis“, Ausgabe 05/25.

 
Beitragsbild: Matej Kastelic / Shutterstock

Kontakt:
Herr Patrick Römer
VSMA GmbH – ein Unternehmen des VDMA
Telefon +49 69 6603-1579
proemer@vsma.org

 

 

 

 

 

image_pdfPDFimage_printDrucken