Gute Nachrichten für die Thomas-Cook-Betroffenen: Die Bundesregierung wird Schäden, die nicht von Versicherungen ausgeglichen werden, ersetzen. Die Summe dürfte in dreistelliger Millionenhöhe liegen. Das Geld soll „möglichst einfach und kostenfrei“ ausgezahlt werden, die Betroffenen müssen „aktuell nicht selbst aktiv werden“.
Die Pauschalreisenden hätten darauf vertraut, dass die ausgegebenen Sicherungsscheine ihre Schäden im Fall einer Insolvenz auch abdecken würden. Doch Thomas Cook ist nur bis maximal 110 Millionen Euro bei der ZURICH Gruppe Deutschland versichert – dies ist die gesetzlich festgeschriebene Haftungsgrenze pro Jahr. Das deutsche Reiserecht orientiere sich an der Größe der bisher bekannten Insolvenzen, erklärte die Regierung. Die Thomas-Cook-Pleite aber „sprengt diesen Rahmen“.
Nach Auskunft der ZURICH waren bis zum 01. November Schadensmeldungen für mehr als 150.000 Reisebuchungen eingegangen. Sämtliche Reisen ab Januar 2020 wurden nun ebenfalls vom insolventen Reiseveranstalter abgesagt. Kunden, die ihre Reise schon ganz oder teilweise bezahlt haben, müssen sich nun an die ZURICH wenden. Die Pleite des Reiseveranstalters hat nach bisherigen Berechnungen einen Schaden in Höhe von 287 Millionen Euro verursacht. Die Kunden bekommen von der Versicherung nur 17,5 Prozent ihrer Ansprüche erstattet, wie die ZURICH Gruppe bekannt gab.
Die Bundesregierung erklärt immer wieder, dass der Versicherer die 110 Millionen Euro Versicherungssumme für die Schäden der Kunden zusätzlich zur Rückholung bezahlen müsste. Dies lehnt die ZURICH ausdrücklich ab und macht deutlich, dass die Kosten der Rückholung von Reisenden aus dem 110 Millionen-Euro-Topf und nicht extra bezahlt werden. Allein für die Rückholung von über 100.000 Reisenden mussten 60 Millionen Euro von der ZURICH aufgewendet werden.
Laut Regierung werfe der Fall „eine Vielzahl von schwierigen Rechtsfragen auf“, die bislang ungeklärt seien. Den Kunden sei es aber „nicht zumutbar, dass sie jeweils auf sich gestellt für die Klärung der komplexen offenen Rechtsfragen sorgen müssen“. Tausende von Klageverfahren müssten geführt werden, langjährige Rechtsstreitigkeiten wären die Folge. Die Regierung will eine „erhebliche Prozesslawine“ verhindern und „am Ende den möglichen Schaden für den Steuerzahler so gering wie möglich“ halten. Mit dieser nun scheinbar freiwilligen Erklärung kommt die Regierung den Verbraucherschützern zuvor. Der Verbraucherzentralen Bundesverband hatte bereits vor Wochen öffentlich angedroht, den Staat haftbar zu machen, weil er die zu niedrige Versicherung zugelassen hatte.
Bereits Ende November hat ein Thomas-Cook-Kunde den deutschen Staat auf Staatshaftung verklagt. Die Rechtsanwältin des Klägers führt eine EU-Richtlinie aus 2015 an, die in Deutschland von der Großen Koalition 2017 nur eingeschränkt umgesetzt wurde. So schreibt die EU ihren Mitgliedsstaaten vor, dass diese Pauschalreisenden bei der Insolvenz ihres Reiseveranstalters in vollem Umfang schützen müssen. Dies könnte man so auslegen, dass die Geschädigten ihr komplettes Geld zurückerhalten müssten. In Deutschland ist gesetzlich allerdings eine Deckelung der Haftung auf 110 Millionen Euro möglich. In anderen Staaten der Europäischen Union ist eine Einschränkung der Entschädigung entweder gar nicht vorgesehen oder dieser Betrag ist deutlich höher angesetzt.
Damit am Ende nicht der Steuerzahler der Dumme ist muss seitens der Bundesregierung schnell gehandelt werden. Es wird erwartet, dass das deutsche Gesetz geändert wird und für die Absicherung von Pauschalreisen künftig andere finanzielle Regeln gelten könnten.
Glück im Unglück haben eventuell Kunden, die ihre Reise mit der Kreditkarte bezahlt haben. Sie können das Chargeback-Verfahren einleiten. Hierbei sorgt die eigene Bank für eine Rücküberweisung, sofern die Leistung vom abrechnenden Unternehmen nicht erbracht worden ist. Die Banken halten hierzu entsprechende Formulare bereit.
Foto: „Airbus A321-200 der Thomas Cook Airlines“ (CC BY-SA 2.0)
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