Kürzlich ist die HUK-Coburg wegen erheblicher Verzögerungen bei der Schadenbearbeitung in die Schlagzeilen geraten. Das Problem betrifft jedoch nicht nur die HUK und nicht nur die Kfz-Versicherer. Als Versicherungsmakler beobachten wir eine Eskalation der Verzögerungen in fast allen Sparten. Selbst Kleinschäden werden mittlerweile oft sechs Monate und länger bearbeitet. Das kostet alle Beteiligten zum Teil unnötig viel Zeit, Nerven und Geld.
Schadenmeldung, Wiedervorlage, Erinnerung, Repeat. Um einen Schaden vom Tisch zu bekommen, drehen unsere Mitarbeitenden inzwischen oft so viele Erinnerungsrunden, dass wir allein dafür neue Kräfte einstellen müssten. Die Verzögerungen bei der Regulierung haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen – gefühlt in allen Sparten. Das bedeutet einen immensen Mehraufwand und zusätzliche Kosten. Beides wäre oft vermeidbar.
Verzögerungen an der Tagesordnung
Mitgliedsunternehmen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), die heute einen Schaden melden, brauchen viel Geduld. Das zeigen Beispiele aus unserer Praxis. In einem Fall teilte der Versicherer erst nach sechs Monaten und zahlreichen Erinnerungen mit, dass eine andere Abteilung zuständig sei. In einem weiteren Fall war das gesamte Team laut automatischer Ansage „wegen hoher Arbeitsbelastung und Priorisierung von Rückständen“ tagelang nicht erreichbar. Im dritten Beispiel verzögerte ein Reparaturkostengutachten den Vorgang, obwohl nach dem Bedingungswerk eindeutig die Kosten für ein Neuteil mit festem Altersabzug nach Tabelle zu ersetzen waren.
Solche Ausreißer können auch den Besten der Branche einmal passieren. Inzwischen sind Verzögerungen aber bei einigen Versicherern zur Regel geworden. Erfolglose Mahnungen, „Abteilungs-Pingpong“, überflüssige Gutachten und andere unnötige Zwischenschritte gehören neuerdings zum Alltag der VSMA und verursachen enorme Überstunden. Auch bei Anbahnungen, Ausschreibungen oder Renewalverhandlungen warten wir oft vergeblich auf eine Rückmeldung und müssen mehrmals nachhaken. Für einige unserer Mitarbeitenden sind Erinnerungen mittlerweile zur Hauptbeschäftigung geworden.
Was viel Zeit kostet, kostet mehr Geld
Auch die Kosten werden durch Verzögerungen oft unnötig in die Höhe getrieben. „Nur wer schnell reguliert, reguliert günstig“, sagt unser Leiter Spartenkoordination, Patrick Römer, gerne. Wie recht er damit hat, zeigt dieses Beispiel: Wegen eines Diebstahlschadens von einigen tausend Euro (bei einem Kunden mit mehreren hunderttausend Euro Jahresprämie) wird seit einem halben Jahr über einen Anwalt die Polizeiakte angefordert. Formal ist das korrekt. Kundenfreundlich und kostensparend ist das nicht.
Der Schaden, der mit einer E-Mail hätte erledigt werden können, hat bis heute zu über 30 Schriftwechseln geführt. Die Personalkosten beim Versicherer und bei uns dürften damit zusammen mit den externen Anwaltskosten die 1.000-Euro-Marke bereits deutlich überschritten haben. Ein Ende der Bearbeitungs- und Kostenspirale ist nicht in Sicht. Hinzu kommt eine Inflationsrate, die viele Schäden automatisch kontinuierlich verteuert.
Überlastung erfordert klare Vorgaben
Dass es anders geht, zeigen einige Industrieversicherer, mit denen wir trotz Überlastung auch freitags um 17.00 Uhr noch Vorgänge vom Tisch bekommen. Der Unterschied: Dort hat man persönliche Ansprechpartner, echte Regulierer mit Vollmachten und dem Ziel, Vorgänge möglichst „ohne externe Vergabe“ abzuschließen. Ähnlich ergebnisorientiert arbeitet seit Jahren ein großer Gebäudeversicherer. Nach schweren Unwetterereignissen tritt dort ein Notfallplan in Kraft und sogar größere Schäden werden durch eigene und externe Bevollmächtigte abschließend und zügig reguliert.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VSMA haben Verständnis dafür, dass es bei Überlastung zu Verzögerungen kommen kann. Ärgerlich ist aber der teilweise unsinnige Umgang damit. Statt Kleinschäden pragmatisch zu regulieren, wird bei einigen Versicherern durch unflexible Prozesse viel Mehraufwand produziert. Das kostet Zeit und Geld, verärgert die Kunden und schadet dem Image der Branche. Wenn die Schadenabteilung überlastet ist, muss der Vorstand reagieren: Mit klaren Richtlinien, die einer schnellen fallabschließenden Bearbeitung – zumindest von kleineren Schäden – oberste Priorität einräumen.