Die aktuelle Situation der Wirtschaft hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Kreditversicherungsgesellschaften. Die drei Großen – Euler Hermes, Atradius und Coface -reagieren ganz unterschiedlich, aber unisono risikoavers.
Die Kreditversicherungsgesellschaften prüfen alle Risiken nach Standards und vergeben Ratings. Diesen Ratings wird dann in der Kreditentscheidung gefolgt. Individuelle Stärken und Schwächen der Risiken werden dabei kaum berücksichtigt. Es sind primär die harten Fakten, die zählen. Im Ergebnis teilen sich die Risiken so in gute, mittlere und schlechte Risiken ein. Die guten Risiken werden versichert, die schlechten nicht. Die Herausforderung stellen die mittleren Risiken dar. Einmal werden sie versichert und ein anderes Mal nicht – die Zukunft ist für Versicherungsnehmer unberechenbar.
Da ist zwar der Schutzschirm – ein Deal zwischen dem Staat und den Kreditversicherungs-gesellschaften. Aber es ist unklar, ob er über den 31.12.2020 hinaus verlängert wird. Hierbei haben sich die Kreditversicherungsgesellschaften vom Staat Rückversicherungskapazitäten gekauft. Im Gegenzug sollen bzw. müssen sie Risiken unter Deckung halten, die nur wegen Corona in Schieflage kommen oder kamen. Hier ist wichtig: nur wegen! Wie kann der Kreditversicherungs-Kunde beurteilen, ob eine Limitstreichung zu Recht erfolgt (also das Risiko auch ohne Corona schlecht gewesen wäre) oder zu Unrecht? Hier sind Unstimmigkeiten vorprogrammiert.
Euler Hermes ist nun dazu übergegangen alle mittleren, scheinbar schwachen Risiken nur noch mit befristeten Limiten zu versehen. Wenn sich die Verhandlungen über eine Fortführung des Schutzschirmes zwischen Staat und den Kreditversicherern nicht zu einem erfolgreichen Ende führen lassen, werden diese Limits per 31.12.2020 aufgehoben. Die Kollegen von Atradius und Coface haben solche Maßnahmen noch nicht ergriffen. Aber auch dort wird man im Fall des Schutzschirmendes eine Reaktion zeigen.
Die R+V Versicherung als wichtiger nationaler Player agiert anders. Dort werden die Risiken nach wie vor „von Hand“ geprüft. Die R+V unterwirft sich bei ihrem Risikoappetit keinem Ratingsystem, sondern die Kreditprüfer beurteilen alle beantragten Risiken in einer Einzelfallbetrachtung. Außerdem ist in den R+V-Policen eine erhebliche Anzahl von namentlich unbekannten, aber gemäß Versicherungsspielregeln trotzdem versicherten Risiken enthalten. Diese Form der unbenannten Versicherung ist auch bei den drei Großen bekannt, aber lange nicht so intensiv genutzt. Ob die R+V damit gut durch die Krise kommt, wird sich zeigen. Aktuell scheint es so zu sein.
Im Fazit unterteilt sich die Kreditversicherungswelt in Ratingfreunde (durch Automatisierung zur Kostensenkung) und Risikoprüfer.
Vom Grunde her bedeutet Versicherung die Übernahme von Risiko gegen Prämie. Die drei Großen der Branche fahren zurzeit eine Risikovermeidungsstrategie.
Sofern Kunden der Kreditversicherungsgesellschaften Limitprobleme bekommen, sollten Sie die Marktkenntnis des VSMA nutzen, um das Kreditrisiko bei Kreditversicherungen zu platzieren.
Nur die drei Großen sind dann vermutlich nicht der primäre Markt. Aber es gibt zum Glück eine erhebliche Anzahl von stabilen Gesellschaften, die ähnlich zur R+V Risiken einzeln beurteilen und bepreisen. Es ist klar, dass dies nicht unbedingt zu Vorkrisenpreisen zu bekommen sein wird. Aber es ist möglich, Versicherungsschutz gegen Prämie zu erwerben.
Autor:
Eberhard Graf zu Münster
Rösch & Lindschau Kreditversicherungsmakler GmbH & Co. KG
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