Aktuell sorgt eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund für Aufsehen, die erhebliche Auswirkungen auf die D&O-Versicherung haben könnte. Nach bisheriger Rechtsprechung waren gegen das Unternehmen verhängte Bußgelder nicht regressierbar. Das Landgericht Dortmund sah dies anders und lehnte die in Rechtsprechung und Literatur gegen den Bußgeldregress vorgebrachten Argumente ab. Was bedeutet dies nun für die D&O-Versicherung im Allgemeinen und für die D&O-Spezialkonzepte der VSMA GmbH?

Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Dortmund beunruhigt Geschäftsführer und D&O-Versicherer. Entgegen der bisher vertretenen Rechtsauffassung hat das LG Dortmund entschieden, dass ein Bußgeldregressanspruch einer Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer zu bejahen ist. Das Urteil wurde von Dr. Marcel Straub, Head of Legal bei der FINLEX GmbH, in einem lesenswerten Blog-Beitrag* ausführlich besprochen. Wir haben den Beitrag für Sie zusammengefasst und geprüft, inwieweit sich Auswirkungen auf die D&O-Policen der VSMA (VDMA-Berufshaftpflichtversicherung für Manager) ergeben.

Bisherige Rechtsprechung
Das Landgericht Saarbrücken hat in seinen beiden Urteilen zum Sanitär-Kartell im Jahr 2020 eine Haftung von Vorständen und Geschäftsführern für von der EU-Kommission gegen ein Unternehmen verhängte Kartellbußen verneint. Das LG Saarbrücken argumentierte, dass die von der europäischen Wettbewerbsbehörde beabsichtigte Abschreckungswirkung von Unternehmensbußen nicht durch deutsches Recht geschwächt werden dürfe. Könnte ein Unternehmen verhängte Bußgelder auf die Manager und damit letztlich auf die D&O-Versicherer abwälzen, ginge die Abschreckungswirkung verloren – das wäre europarechtswidrig. Im Ergebnis hat das LG Saarbrücken damit Bußgelder für nicht regressierbar erklärt, fasst Dr. Marcel Straub diese Rechtsprechung treffend zusammen. Ähnlich argumentiert das OLG Düsseldorf in einem hochaktuellen Urteil aus dem Juli 2023 im Rahmen eines Organhaftungsverfahren und verneint die Regressierbarkeit einer Kartellbuße bei einem Geschäftsleiter im sogenannten Edelstahlkartell.

Beschluss des Landgerichts Dortmund (21.06.2023 – Az. 8 O 5/22)
Dieser Rechtsprechung hat das Landgericht Dortmund in einer viel beachteten Entscheidung widersprochen. Das LG Dortmund stellte dabei auf allgemeine haftungsrechtliche Grundsätze ab. Müssten Dritte – etwa im Rahmen der Verletzung vertraglicher Beratungspflichten – gegenüber der Gesellschaft haften, müsse dies auch der Geschäftsführer, wenn er seine organschaftliche Pflicht zur Unterlassung oder Verhinderung von Rechtsverstößen verletze. Die bisher gegen den Bußgeldregress vorgebrachten Argumente wies das LG Dortmund zurück. Die Abschreckungs- beziehungsweise Präventionsfunktion des Bußgeldes bleibe gewahrt, da das Unternehmen in Vorleistung treten müsse und damit im Regressfall dem Insolvenzrisiko seines Organs ausgesetzt sei. Auch die Gefahr einer Abwälzung der Geldbuße auf den D&O-Versicherer wird vom LG Dortmund nicht als nachteilig angesehen. Bußgelder könnten schon aufgrund ihrer Höhe nicht in vollem Umfang vom Geschäftsführer zurückgefordert werden. Die Deckungssummen von D&O-Versicherungen dürften regelmäßig überschritten sein, sofern die Deckung in solchen Fällen überhaupt greift – man denke hier an den Vorsatzausschluss.

Bußgeldregress als zwingende Sanktionsmaßnahme gegen Manager?
Mit seinem Beschluss stellt sich das LG Dortmund nicht nur deutlich gegen die bislang herrschende Auffassung in der Rechtsprechung. Es hält den Bußgeldregress gegen Unternehmensorgane sogar für eine zwingende Sanktionsmaßnahme. Da die Sanktionierung der Pflichtverletzung durch die Gesellschaft erst nach der Verhängung der Geldbuße gegen das Unternehmen möglich wäre, sei der Bußgeldregress auch die einzig mögliche Sanktionsmaßnahme gegen das Unternehmensorgan.

Die neue Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Sanktionierung von Unternehmensorganen durch den Regress von Bußgeldern dürfte Manager und D&O-Versicherer gleichermaßen beunruhigen, prognostiziert Dr. Marcel Straub. Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmen gerade dann Regress nehmen wird, wenn hinter einem in Anspruch genommenen Manager ein solventer D&O-Versicherer steht. Umso wichtiger wird somit die Frage nach der Versicherbarkeit von regressierten Bußgeldern werden.

Versicherbarkeit von Geldbußen in der D&O-Versicherung
Nicht nur die Frage, ob ein Bußgeld-Innenregress haftungsrechtlich überhaupt möglich ist, ist umstritten. Auch die Versicherbarkeit eines Bußgeldregresses in der D&O lässt sich nicht pauschal beantworten. Insbesondere ist zu differenzieren, ob Versicherungsschutz für die Abwehr des Bußgeldregressanspruchs gewährt werden soll oder ob der Versicherer das Organ in Höhe des geltend gemachten Bußgeldes gegenüber dem Unternehmen freistellt.

  • Abwehrdeckung
    Gegen die Zulässigkeit einer Abwehrdeckung, die auf die Verteidigung des Versicherungsnehmers gegen ein regressiertes Bußgeld abzielt, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Der Versicherer trägt hierbei die Kosten eines auf die Abwehr von Haftungsansprüchen spezialisierten Rechtsanwalts sowie die sonstigen Kosten des Gerichtsverfahrens. Die Abwehrkostendeckung gehört zum Kern jeder D&O-Versicherung und schützt die Organe vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme.
  • Freistellung
    Nicht so einfach zu beantworten ist hingegen die Frage, ob das Bußgeld selbst versicherbar ist. Dies hängt von den vereinbarten Versicherungsbedingungen ab. Die VSMA-Bedingungen der VDMA-Berufshaftpflichtversicherung für Manager sehen beispielsweise vor, dass bei Innenverhältnisansprüchen der versicherten Unternehmen gegen versicherte Personen auf Ersatz eines gegen das Unternehmen verhängten Bußgeldes, Versicherungsschutz besteht. Dieser steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass kein gesetzliches Versicherungsverbot entgegensteht.

Auswirkungen der neuen Rechtsprechung auf die D&O-Versicherung
Es bleibt abzuwarten, ob der Beschluss des LG Dortmund der erste von vielen Schritten ist, Bußgeldregresse gegen Manager in der Rechts- und damit zwangsläufig auch in der Unternehmenspraxis zu etablieren. Dies hätte zur Folge, dass auch D&O-Policen zunehmend mit der Abwehr oder Freistellung von Bußgeldregressen belastet würden. Der nach wie vor schwelende Streit, ob die gegen Unternehmen verhängten Bußgelder, die im Innenverhältnis gegen Organe regressiert werden, im Rahmen von D&O-Konzepten versicherbar sind, könnte dadurch eine neue Dynamik erhalten.

Auswirkungen auf die D&O-Sonderkonzepte der VSMA
Die VSMA bietet mit der VDMA-Berufshaftpflicht für Manager bereits seit Jahren ein speziell auf den Maschinen- und Anlagenbau zugeschnittenes D&O-Absicherungspaket an. Bei der Entwicklung dieses speziellen Konzeptes wurde auf klare und transparente Bedingungen geachtet, die einen optimalen Versicherungsschutz gewährleisten. Die neue Entscheidung des Landgerichts Dortmund hat daher keine negativen Auswirkungen. Die D&O-Policen der VSMA sehen Versicherungsschutz für Geldbußen als solche vor, soweit dem kein gesetzliches Versicherungsverbot entgegensteht.

 

* Quelle: https://finlex.io/news/bussgeldregress_gegen_manager/

Beitragsbild: Brian A Jackson / Shutterstock

Kontakt:
Herr Frank Oliver Keller
VSMA GmbH – ein Unternehmen des VDMA
Telefon +49 69 6603-1539
fkeller@vsma.org

image_pdfPDFimage_printDrucken