In Schadenfällen ist meistens rechtliche Expertise erforderlich. Der Versicherungsmakler kann seine Mandanten aus standesrechtlichen Gründen nur bis zu einem gewissen Punkt unterstützen und beraten. Gerade wenn Versicherungen involviert sind, wird daher in vielen Fällen auf externe Rechtsberatung zurückgegriffen. Dabei stellt sich häufig die Frage, wer die Kosten für das Anwaltshonorar trägt.

Bei der Rechtsberatung in Schadenfällen sind grundsätzlich zwei Szenarien denkbar:

  1. Sie sind Geschädigter, der Schädiger ist versichert und Sie müssen sich mit dem Schädiger und seiner Versicherung auseinandersetzen.
  2. Oder aber, Sie werden in Anspruch genommen und sind versichert.

In beiden Konstellationen zeigen sich immer häufiger enttäuschte Erwartungshaltungen, wenn der Versicherer „nicht so will“, wie er aus Ihrer Sicht sollte.

Szenario 1: Sie machen Ansprüche gegen einen versicherten Schädiger geltend
Oftmals reißt der Versicherer die Schadenregulierung an sich und stellt sich wie ein Schutzschild vor seinen Versicherungsnehmer. Dies soll er und darf er auch. Schließlich muss er die Ansprüche prüfen und im Falle ihrer Begründetheit den Schaden erstatten. Für Sie als Geschädigter kann dann alleine unter dem Aspekt der Waffengleichheit die Einbindung eines Rechtsanwalts sinnvoll sein. Damit stellt sich dann jedoch die Frage, wer das Anwaltshonorar trägt.

Macht Ihr Anwalt außergerichtlich Forderungen geltend, mit deren Erfüllung sich der Gegner in Verzug befindet, können die Anwaltsgebühren als Verzugsschaden verlangt werden (§ 280 Abs. 2 BGB). Entscheidend ist, dass die Verzugsvoraussetzungen des § 286 BGB vor der Einschaltung des Anwalts erfüllt sind. Im Zweifel empfiehlt es sich, im Vorfeld ein Verzugsschreiben oder eine Mahnung mit Fristsetzung an den Schädiger zu versenden.

Ein Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten kann sich auch aus § 249 Abs. 1 BGB als Bestandteil von Rechtsverfolgungskosten ergeben, wenn die anwaltliche Hilfe „erforderlich“ und „zweckmäßig“ war. Dieser Aspekt wird im Rahmen von D&O-Schadenfällen immer wieder diskutiert. Nach der „Siemens/Neubürger“-Entscheidung des LG München I (NZG 2014, 345 (348)) sind auch die Kosten einer internen Untersuchung grundsätzlich Rechtsverfolgungskosten, die nach ständiger Rechtsprechung des BGH ersatzfähig sind. Bei komplexen Sachverhalten dürfte dabei der anwaltliche Aufwand nach Zeithonorar und nicht „nur“ nach dem Rechtanwaltsvergütungsgesetz (RVG) als ersatzfähig anzuerkennen sein.

Es stellt sich die Frage, ob der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht verschiedene Angebote einholen muss, um einen günstigeren Anwalt zu finden. Aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant wird man dies aber nicht fordern können, sofern der Stundensatz insgesamt angemessen ist (zur Angemessenheit sogleich).

Szenario 2: Sie werden in Anspruch genommen und sind versichert
Wenn Sie in Anspruch genommen und im Rahmen einer Haftpflichtversicherung versichert sind, übernimmt der Versicherer grundsätzlich auch die Anwaltskosten für die Abwehr der Ansprüche. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) äußert sich in § 127 Abs. 1 zur freien Anwaltswahl sehr eindeutig:

Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. Dies gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die sonstige Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Anspruch nehmen kann.“

Die Versicherer regeln allerdings die Mandatierung höchst unterschiedlich. Viele Versicherer legen fest, dass Kosten, die nicht auf Weisung oder Veranlassung des Versicherers entstehen – insbesondere die Kosten eines ohne Zustimmung des Versicherers beauftragten Rechtsanwalts – nicht erstattet werden. Die Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sehen vor:

„Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Haftpflichtanspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er die Führung des Verfahrens dem Versicherer zu überlassen. Der Versicherer beauftragt im Namen des Versicherungsnehmers einen Rechtsanwalt.“

D&O-Versicherungen überlassen den versicherten Personen grundsätzlich die freie Anwaltswahl – auch vorprozessual! Allerdings lassen auch hier viele Versicherer ihren Versicherungsnehmern nicht völlig freie Hand und regeln die konkrete Anwaltswahl mit Zustimmungs- und Widerspruchsrechten. Schon alleine, damit kein Anwalt beauftragt wird, der auf dem Spezialgebiet der Managerhaftung unerfahren ist. Aber auch, um aus einem weiteren Grund intervenieren zu können: Es geht um die Angemessenheit der Stundensätze.

Es gibt immer noch Standard-D&O-Versicherungsbedingungen, die nur einen Erstattungsanspruch nach RVG vorsehen. Damit wird man aber keinen erfahrenen Anwalt zur Verteidigung finden. Deswegen akzeptieren viele D&O-Versicherer inzwischen auch Honorarvereinbarungen. Zumindest dann, wenn die Stundensätze angemessen sind. Darüber entbrennt allerdings immer wieder Streit mit dem Versicherer.

Zur Frage der Angemessenheit von Stundensätzen gibt nur wenig Rechtsprechung. Die im Rahmen von § 3a Abs. 2 RVG von der Rechtsprechung angenommene Vermutung, dass eine vereinbarte Vergütung, die die gesetzliche Vergütung um mehr als das Fünffache übersteigt, unangemessen ist, gilt prinzipiell auch für das Zeithonorar (BGH NJW 2010, 1364, 1368, 1370 f). Bei der Beurteilung des Zeithonorars auf seine Angemessenheit sind allerdings die beiden Faktoren „Bearbeitungszeit“ und „Stundensatz“ zu berücksichtigen. Ein Rechtsschutzversicherer hat die BGH-Entscheidung explizit aufgegriffen und definiert in seinen Versicherungsbedingungen die Angemessenheit entsprechend:

Rechtsanwaltsgebühren gelten dann als unangemessen, „wenn sie in einem krassen evidenten Missverhältnis zwischen anwaltlicher Leistung und ihrer Vergütung stehen und im Einzelfall ein unzumutbares und unerträgliches Ergebnis darstellen“.

Fazit:
Um Diskussionen über die Angemessenheit von Stundensätzen und die Abrechenbarkeit von Aufwandspauschalen zu vermeiden, sollten derartige Fragen am besten bereits im Vorfeld mit dem Versicherer geklärt werden. Hier ist vor allem der Versicherungsmakler gefragt, um das gemeinsame Deckungsverständnis bei Abschluss des Vertrages festzuhalten.

Beitragsbild: PaeGAG / Shutterstock

Autor:
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler 
Rechtsanwalt Dr. Stefan Steinkühler steht der VSMA GmbH seit Mitte des Jahres 2020 als juristischer Berater bei haftungs- und versicherungsrechtlichen Themen zur Seite. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Versicherungswirtschaft. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen neben der Bearbeitung von Sach-/BU- und Produkthaftungsschäden vor allem Fälle im Bereich der D&O- und VSV-Versicherung sowie der dazugehörigen Managerhaftung.

www.ra-steinkuehler.de

image_pdfPDFimage_printDrucken