Der Maschinen- und Anlagenbau ist traditionell stark international ausgerichtet. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Anforderungen an den Versicherungsschutz aus. Bei der Absicherung internationaler Projekte sind bei der Vertragsgestaltung viele Besonderheiten zu beachten. Wir haben für Sie die wichtigsten Fakten zusammengestellt.

Unabhängig davon, ob Verträge im Maschinen- und Anlagenbau auf Grundlage von Allgemeinen Einkaufsbedingungen oder auf der Basis von Individualverträgen abgeschlossen werden: Die Versicherungsanforderungen können regelmäßig nicht oder nicht vollständig erfüllt werden. Teilweise sind außerdem projektbezogene Zusatzversicherungen erforderlich. Selbst Standardbedingungen wie die von der Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils „FIDIC“ herausgegebenen Musterbedingungen stellen die Unternehmen dabei vor große Herausforderungen.

Bevor mit der eigentlichen Analyse der Vertragsanforderungen begonnen werden kann, stellen sich Fragen zum Projekt. Handelt es sich zum Beispiel um einen großen Turnkey-Auftrag, so sind neben den eigenen Versicherungen auch der Versicherungsschutz der Subunternehmer sowie die Belange von Kreditgebern zu berücksichtigen. Bei einer kleinen Maschinenlieferung, bei der keine Subunternehmer eingesetzt werden, sind viele Anforderungen aus den international üblichen Verträgen nicht sinnvoll. Von großer Bedeutung ist auch die Frage, ob im Ausland eine Betriebsstätte errichtet wird, da diese gegebenenfalls wie eine Tochtergesellschaft zu behandeln ist.

Generelle Anforderungen an den Versicherungsschutz
Zunächst ist zu klären, ob Versicherungsschutz über bestehende Versicherungsverträge des Unternehmens angeboten werden kann oder ob aufgrund besonderer Anforderungen und landesrechtlicher Bestimmungen zusätzlicher Versicherungsbedarf besteht.

Typische Anforderungen an den vorzuhaltenden Versicherungsschutz sind:

  • Betriebs- und Produkthaftpflicht inklusive Umwelthaftpflicht
  • Bauherrenhaftpflicht
  • Planungshaftpflicht
  • Kfz-Haftpflichtversicherung
  • Transportversicherung
  • Montageversicherung
  • Gewährleistungs-/Garantieversicherung
  • „Workers Compensation“ (Unfallversicherung für Arbeitsunfälle)
  • Employers Liability (Haftpflichtversicherung für Arbeitsunfälle)
  • Krankenversicherung
  • Sonstige Versicherungen aufgrund länderspezifischer Besonderheiten

Neben der Frage, ob für das Unternehmen eine entsprechende Police besteht, ist auch zu prüfen, ob für das jeweilige Projekt über diese Police eine Deckung bestätigt werden kann und darf.

Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) können alle Policen bei einem in Deutschland ansässigen Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden. Außerhalb des EWR gelten andere Vorschriften. So schreiben beispielsweise die Schweiz, China, Brasilien und viele weitere Länder vor, dass im Land belegene Risiken nur bei einem dort ansässigen oder zugelassenen Versicherer versichert werden dürfen. Verstößt ein Unternehmen gegen diese „Versicherungspflicht im Inland“, drohen empfindliche Strafen wie hohe Bußgelder oder sogar Freiheitsstrafen.

Welche Versicherungen davon betroffen sind, kann nur länderspezifisch überprüft werden, da zunächst die jeweilige rechtliche Definition der „Risikobelegenheit“ zu prüfen ist. Relevant ist auch, ob eine Betriebsstätte begründet wird und ob die Interessen lokaler Unternehmen mitversichert werden müssen.

Haftpflichtversicherungen (Betriebs- und Produkthaftpflicht, Umwelthaftpflicht, Bauherrenhaftpflicht, Planungshaftpflicht und Kfz-Haftpflichtversicherung)
Bei großen Projekten ist es üblich, neben einer Betriebs- und Produkthaftpflicht auch eine Bauherrenhaftpflichtversicherung abzuschließen. Der Auftragnehmer sollte für alle am Bau beteiligten Unternehmen eine Haftpflichtversicherung abschließen. Während die Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung auch bei Projekten außerhalb der EU in der Regel von Deutschland aus gestellt werden kann, muss die Bauherrenhaftpflicht meist lokal abgeschlossen werden. Damit sind auch die Interessen der dort ansässigen Unternehmen abgedeckt.

Eine Planungshaftpflichtversicherung ist für Unternehmen mit Sitz in Deutschland nur dann sinnvoll, wenn ausschließlich Planungsleistungen erbracht werden. Im internationalen Bereich ist es häufig üblich, dass die Betriebshaftpflicht einen generellen Ausschluss für Planungsleistungen vorsieht und eine separate Police ausgestellt werden muss.

Bei der Versicherung von Fahrzeugen ist es nicht in allen Ländern üblich, dass man bei der Zulassung einen Versicherungsnachweis erbringen muss. Auch wird in vielen Ländern nicht das einzelne Fahrzeug versichert, sondern das Unternehmen schließt eine Versicherung ab, die dann für alle Fahrten gilt. Werden im Ausland Fahrzeuge angeschafft, kommt man um eine entsprechende Versicherung nicht herum. Bei kleineren Projekten ist es in der Regel ausreichend, nur Mietwagen zu verwenden und diese inklusive Versicherung anzumieten.

Transport- und Montageversicherung
Die Transportversicherung kann meist über Deutschland abgeschlossen werden. Dies sollte jedoch immer geprüft werden, da einige wenige Länder auch hier Restriktionen vorsehen. So besteht beispielsweise in Angola sogar im Land eine Pflichtversicherung für Importe.

Die Montageversicherung ist die Versicherungssparte, die am häufigsten von Restriktionen betroffen ist. Viele Länder sehen vor, dass eine im Land belegene Sache auch dort versichert werden muss. Dies ist besonders kritisch, da in einigen Ländern einerseits eine Versicherungspflicht im Land besteht, andererseits aber nur vor Ort ansässige Unternehmen eine Versicherung abschließen dürfen. Hier ist daher eine frühzeitige Klärung erforderlich, damit bei Bedarf die Versicherungspflicht auf den Besteller verlagert werden kann.

Gewährleistungs-/Garantieversicherung
Gewährleistungs-/Garantieversicherungen werden eher selten gefordert. Dies ist nur in französisch geprägten Ländern üblich.

Versicherung für die Mitarbeiter (Workers Compensation, Employers Liability und Krankenversicherung)
Nach deutschem Recht hat ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall keinen Schadenersatzanspruch gegen seinen Arbeitgeber. Diese Fälle werden über die Berufsgenossenschaften als Träger der Arbeitsunfallversicherung (Workers Compensation) abgewickelt. Anstelle oder neben dem Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitsunfallversicherung hat der verletzte Arbeitnehmer in einigen Ländern aber auch einen vollen Schadenersatzanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber (sogenannte Employers Liability).

Im Rahmen der Vertragsverhandlungen muss dem Auftraggeber daher erläutert werden, dass die beiden vorgenannten Versicherungen aus den dargestellten Gründen für Unternehmen mit Sitz in Deutschland nicht erhältlich sind. Problematisch wird dies, wenn eine Betriebsstätte etabliert wird oder lokales Personal eingestellt beziehungsweise lokale Subunternehmer beschäftigt werden. In diesem Fall muss die Versicherung entweder selbst abgeschlossen werden oder die einzelnen Subunternehmer müssen aufgefordert werden, sich entsprechend zu versichern.

Für die Krankenversicherung gilt: Werden nur eigene Mitarbeitende beschäftigt, kann der Versicherungsschutz in der Regel über eine in Deutschland bestehende Auslandsreisekrankenversicherung nachgewiesen werden kann. Werden jedoch lokale Mitarbeitende (auch über Subunternehmer) eingestellt, sind die jeweiligen Richtlinien des Landes zu beachten (Pflichtversicherungen). Ein entsprechender Versicherungsschutz ist dann vor Ort einzukaufen.

Weitere Versicherungen aufgrund länderspezifischer Besonderheiten
Zusätzlich ist zu prüfen, ob im jeweiligen Land über die geforderten Versicherungen hinaus Pflichtversicherungen bestehen. Zu nennen ist hier zum Beispiel die sogenannte „Decennale Versicherung“ zu nennen, die eine zehnjährige Haftpflicht-/Garantieversicherung gegen Einsturz und Einsturzgefährdung darstellt und in französisch geprägten Ländern üblich ist. Pflichtversicherungen können jedoch vielfältig sein, da einige Länder sogar den Abschluss einer Transportversicherung vorschreiben.

Fazit
Versicherungsverträge im Maschinen- und Anlagenbau sind komplex und bedürfen einer individuellen Beratung. Nicht alle Forderungen sind erfüllbar oder gar sinnvoll. Die frühzeitige Einbindung eines Experten kann hier vor unerwarteten Risiken und Kosten schützen, die das Projekt gefährden.

Die VSMA GmbH unterstützt ihre Kunden und die VDMA-Mitgliedsunternehmen auch bei der Analyse und Gestaltung von Versicherungsverträgen. Durch unsere internationalen Netzwerke sind wir in der Lage, Informationen aus allen Regionen der Welt zusammenzutragen und somit auch Versicherungsverträge weltweit zu platzieren.

Beitragsbild: David Crockett / Shutterstock

Kontakt:
Herr Patrick Römer
VSMA GmbH – ein Unternehmen des VDMA
Telefon +49 69 6603-1576
proemer@vsma.org

 

 

 

 

 

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